Kaufen, mieten, selber bauen? Wie Einsteiger am besten zu ihrem Online-Shop kommen, erläutert Stefan Weinfurtner von ibi research im Interview mit com! professional.
E-Commerce -Experte Stefan Weinfurtner von ibi research über Miet-Shops aus der Cloud , den Vertrauensvorteil von Amazon und versteckte Kosten.
com! professional: Was sind aktuell die größten Herausforderungen im E-Commerce?
Stefan Weinfurtner: Für Einsteiger ist es die Entscheidung, welches Shop-System sie einsetzen sollen, wo es gehostet wird und wie gut es sich erweitern oder skalieren lässt. Man will ja nicht nach einem halben Jahr das System wechseln müssen. Bei den Anwendern, die bereits online vertreiben, geht es vor allem um die bessere Integration von Prozessen wie Retouren-Management oder Themen wie Online-Marketing.
Stefan Weinfurtner , Competence Center E-Business, ibi research an der Universität Regensburg GmbH com! professional: Wie sollten Einsteiger bei der Wahl des Shop-Systems vorgehen?
Weinfurtner: Zuerst ist zu klären, ob sie überhaupt einen eigenen Shop betreiben oder nicht lieber auf Marktplätze wie eBay, Amazon oder Rakuten setzen möchten. Wer sich für den eigenen Shop entscheidet, hat viele Möglichkeiten – vom kleinen Miet-Shop bei Hostern wie 1&1 oder Strato bis hin zum selbst entwickelten System. Dazwischen liegt die Option, sich von einer Agentur einen Shop auf Basis gängiger E-Commerce-Lösungen wie Oxid oder Magento erstellen zu lassen.
com! professional: Welche Fragen sollte man dem Anbieter stellen, um das richtige Angebot zu finden?
Weinfurtner: Bevor man überhaupt an den Anbieter herangeht, muss man sich überlegen, welche Ziele der Webauftritt hat. Geht es nur darum, online präsent zu sein, aber weiterhin ausschließlich offline zu verkaufen, oder will ich den kompletten Verkauf online abwickeln? Dann geht es um die Kundensegmente, die ich ansprechen will, und um die Art und die Anzahl der Waren und Dienstleistungen, die ich anbieten will. Will ich nur in Deutschland oder auch international verkaufen?
Wenn man sich über diese strategischen Eckpunkte klar geworden ist, sollte man einen Anforderungskatalog erstellen und dann erst die Shop-Systeme vergleichen.
com! professional: Welche Rolle spielen die verschiedenen Shop-Modelle im Markt?
Weinfurtner: Das Gros der Händler, die über das Internet verkaufen, nutzt einen eigenen Online-Shop und nicht eBay oder Amazon. In dieser Gruppe wiederum geht der Trend zum Miet-Shop aus der Cloud. Wir sehen sehr viele kleinere Händler, die sich eine Agentur gar nicht leisten können und mit solchen Miet-Shops anfangen. Oft wird dann innerhalb des Angebots ihres Hosters zu größeren Paketen gewechselt, wenn das Geschäft wächst, oder nach ein paar Jahren auf eine leistungsfähigere Lösung gesetzt, sei es aus der Cloud oder selbst gehostet.
Auf der anderen Seite betreiben immer mehr Händler gar keinen eigenen Shop mehr, sondern verkaufen ausschließlich über Amazon. Früher hat man das nebenher gemacht. Die Konzentration auf diese Plattform ist vor allem dann ein sinnvoller Weg, wenn man eigene Produkte hat und so nicht im direkten Preiswettbewerb mit Amazon selbst und den anderen Marktplatzteilnehmern steht.
com! professional: Begibt man sich damit nicht in eine große Gefahr? eBay und Amazon sind ja berüchtigt dafür, einfach so Provisionsmodelle und Geschäftsbedingungen zum Nachteil der Händler zu ändern.
Weinfurtner: Das stimmt natürlich, deshalb der Hinweis auf die Eigenmarken. Eigenständige Produkte kann man relativ schnell auch auf einer anderen Plattform anbieten, falls einem die Geschäftsbedingungen nicht mehr zusagen. Wer Standardprodukte verkauft, wird sich auf Marktplätzen ohnehin eher schwertun. Es existieren Händler, die ihre eigenen Produkte auch von Amazon versenden lassen, und die fahren ganz gut damit. Klar, man gibt ein großes Stück der Marge ab, aber dafür muss man sich eben auch nicht um Logistik, Retouren-Management und Online-Marketing kümmern – die Kundenbasis ist bei Amazon beispielsweise schon vorhanden.
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